Grußwort des Botschafters der Republik Tadschikistan Sohibnazar Gayratsho aus Anlass des 30. Jahrestags der Unabhängigkeit Tadschikistan

09.09.2021 10:59

Liebe Freunde, liebe Landsleute in Deutschland und Polen,

Am 9. September 2021 begeht das tadschikische Volk den 30. Jahrestag der Unabhängigkeit seines Staates.

Die Erlangung der Unabhängigkeit ist die größte und wertvollste Errungenschaft der tadschikischen Nation in den letzten zehn Jahrhunderten. Durch die Souveränität erschien das Land auf der politischen Karte und wurde zum vollberechtigten Mitglied der Weltgemeinschaft.

Tadschikistan erlangte zwar leicht seine Unabhängigkeit, musste jedoch für die Sicherstellung und ihre Stärkung viel kämpfen. Unerwarteter Zerfall der UdSSR, unvorbereiteter Übergang aus der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft, ein bis 1997 andauernde zerstörerischer Bürgerkrieg mit Hunderttausenden Opfern, Flüchtlingen und enormen wirtschaftlichen Verlusten in den ersten Unabhängigkeitsjahren hatte für das ganze Land verheerende Folgen.

Nach der Unterzeichnung des Friedens 1997 holte die sich bereits etablierte Regierung die Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurück und begann den Staat aufzubauen. Mit dem nationalen Einvernehmen hat die tadschikische Regierung und der Präsident Emomali Rahmon nicht nur den Taliban - siehe besorgniserregende Entwicklung in Afghanistan - jeglichen Raum entzogen, sondern der Bevölkerung ein Leben in Sicherheit und Hoffnung auf eine Zukunft ermöglicht. Mit der Erklärung seiner auswärtigen „Politik der offenen Tür“ begann Tadschikistan mit anderen Staaten Beziehungen aufzubauen. Seine Unabhängigkeit wurde mittlerweile von 161 Staaten der Welt offiziell anerkannt, mit 101 Ländern der Welt pflegt Tadschikistan Handelsbeziehungen.

Ungeachtet der Ereignisse im benachbarten Afghanistan zählt Tadschikistan heute weiterhin zu den sicheren Zonen der Welt und ist ein Zentrum für zahlreiche internationale Events.

Nach Goethes Erkenntnis „Erfolg zwei Dinge voraussetzt: Klare Ziele und den brennenden Wunsch, sie zu erreichen“. Von dem Wunsch geleitet, endlich nach mehreren Jahrhunderten seinen eigenen Staat zu gründen, setzte sich die Regierung klare Ziele für die kommende Dekade.

In diesen Strategien sind Prinzipien der Grünen Wirtschaft und Schwerpunkte der sozialwirtschaftlichen Politik enthalten. Diese legen eine effiziente Nutzung aller Naturressourcen voraus, auch Diversifizierung der Volkswirtschaft, Erhöhung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, Ausbau der heimischen Industrie, Senkung des Armutsniveaus, Stärkung der Mittelschicht sowie Umweltschutz und die gleichmäßige Entwicklung aller Regionen.

Tadschikistan gehört nicht zu den großen Verursachern der Erderwärmung, des Treibhauseffekts und des Klimawandels, sondern es ist eines der am meisten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffenen Länder der Welt. Seine Gletscher schmelzen aufgrund der Erderwärmung mit allen sich daraus ergebenden Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft der Region. Das Land hat sich den wichtigen Klimaabkommen angeschlossen, darunter der UNO-Klimarahmenkonvention 1998, dem Kyoto-Protokoll von 2008 und dem Pariser Klimaschutzabkommen von 2015.  Im Rahmen des Programms „Green Central Asian arbeiten Tadschikistan und andere zentralasiatischen Länder mit Deutschland eng zusammen. Wir hoffen auf eine künftige Fortsetzung dieser Initiative. Der Staatschef Tadschikistan Emomali Rahmon initiierte die Gründung eines internationalen Fonds zur Rettung der Gletscher. Wir hoffen, dass diese Initiative von der Weltgemeinschaft unterstützt wird.

Derzeit arbeitet Tadschikistan an einem neuen kohlenstoffarmen grünen Wirtschaftsmodell. Selbstverständlich wird dabei die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz eine Schlüsselrolle spielen. Tadschikistan verfügt über keine großflächigen Erdöl- und Erdgasreserven, diese liegen vornehmlich in schwer zugänglichen Bergregionen. Daher ist eine effiziente Nutzung der Wasserkraft die wichtigste und wirtschaftlich sowie ökologisch unbedenkliche Voraussetzung für den Übergang zu einer grünen Wirtschaft. Darüber hinaus ist die saubere Stromerzeugung per Wasserkraft nicht nur Grundlage für das Erreichen der Energieunabhängigkeit und das Ausschöpfen des Exportpotentials des Landes, sondern auch Basis und Instrument zur Gewährleistung der ökologischen Nachhaltigkeit.

Der Übergang Tadschikistans von einem Agrarindustrieland zu einem industrialisierten Agrarstaat ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Landwirtschaft im Allgemeinen kein hochprofitabler Wirtschaftssektor ist, der die moderne Entwicklung des Landes sicherstellen würde. Der Ausbau des Wasserkraftpotenzials wird auch für die Entwicklung der Industrie einen wichtigen Beitrag leisten. Dabei sind Schwerpunktsektoren der Bergbau, die Lebensmittelindustrie, die Leichtindustrie, das Bauwesen und der Maschinenbau.

Tadschikistan weist ein reiches historisches und kulturelles Erbe auf, eine einzigartige Natur mit herrlichen Seen, hohen Berggipfeln, zahlreichen seltenen Tieren und Pflanzen und überaus gastfreundlichen Menschen. All dies sind auch gute Voraussetzungen für die Entwicklung des Ökotourismus. Die flächenddeckend vorhandene Ressourcen können für „grüne“ Investitionen in die Wirtschaft genutzt werden und zu einer wichtigen Komponente für nachhaltige Entwicklung des Landes werden.

„Stärke liegt in der Einigkeit“. Tadschikistan setzt in der heutigen Zeit vermehrt auf regionale Integration und grenzüberschreitende Kooperation sowohl innerhalb Zentralasiens als auch mit den anderen benachbarten Ländern. Wirtschaftliche Integration, gemeinsamer Kampf gegen Bedrohungen und der Umweltschutz – das sind einige von vielen Schwerpunkten, in denen Tadschikistan mit allen zentralasiatischen Republiken und anderen Ländern im Rahmen internationaler und regionaler Organisationen kooperiert.

Gegenseitiges Vertrauen und gemeinsamer Erfolg setzt voraus - um mit den Worten von Henry Ford auszudrücken- „den Standpunkt des anderen zu verstehen". Marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen und Rechtssicherheit sind unabdingbare Voraussetzung, um im Zuge der Stabilisierung der Handelsbeziehungen den Weg für nachhaltige Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in Tadschikistan zu eröffnen. Tadschikistan ist bereits 2013 der WTO beigetreten, einen Antrag auf Generalised Scheme of Preferences (GSP+) gestellt und ist ständig darum bemüht, Rechtsgrundlagen zu verbessern, Reformen durchzuführen, Rechtsakte überarbeiten. Das jährliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von über 7% sowie die Pläne der Regierung zur Entwicklung der Energiewirtschaft und Infrastruktur bieten hierfür reale Chancen, die gemeinsam genutzt werden sollten.

Die aktuelle Entwicklung in Afghanistan und der zunehmende finanziell lukrative Drogenhandel, die Folgen der Corona-Pandemie und Belastungen der Umwelt stellen für die Regierung Tadschikistans eine große Herausforderung dar, die sie mit besonderer Aufmerksamkeit zu meistern versucht.

An diesem für das tadschikische Volk besonderen Tag wende ich mich an unsere deutschen Partner: Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Tadschikistan sind ausbaufähig. Das ernsthafte Interesse der tadschikischen Seite am Ausbau der tadschikisch-deutschen Handelsbeziehungen wird nicht in Frage gestellt und sollte von deutscher Seite zielgerichtet gefördert werden! Die gemeinsame Überwindung der starken Schwankungen in den Handelsbeziehungen und der Abbau des Handelsdefizit wäre ein erster konkreter Schritt zur Stabilisierung der Handelsbeziehungen.

Ich empfehle die vielfältige Gelegenheit zu nutzen und sich in Tadschikistan und Zentralasien stärker zu positionieren, das Interesse deutscher Unternehmen an der Weiterentwicklung Tadschikistans zu unterstützen und damit den Ausbau der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen nachhaltig zu dienen.

Ich wende mich auch an die in Deutschland und Polen lebenden tadschikische Gemeinde, Studenten, Auszubildende: Werden Sie Brückenbauer, lernen Sie das Know-how und wichtige Errungenschaften der modernen Wissenschaft und lassen Sie die Menschen in ihrer Heimat daran teilhaben.

Für den bevorstehenden Nationalfeiertag wünsche ich meinem Land und seinen Menschen und meinen tadschikischen Freunden alles Gute, Wohlstand, Erfolg und ein glückliches Leben.

Alles Gute zum Unabhängigkeitstag! 

Sohibnazar Gayratsho

Botschafter der Republik Tadschikistan in Deutschland

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